Artikel aus der Rheinpfalz am Sonntag vom 31. Oktober 2010 von Jürgen Mathäß
Nachdem uns die so einfach funktionierenden Segnungen moderner
Technik anfangs sehr beeindruckt hatten, passierten – um mal bei der Agrarwirtschaft zu bleiben – merkwürdige Dinge.
Der maschinengerecht ausgeräumten Landschaft gingen die Tiere verloren. Aus perfekt geglätteten Rebflächen ohne störende Haine und Senken schossen bei größeren Regenfällen Sturzbäche in niedrigere Landesteile. Die großartigen Düngemittel verseuchten das Grundwasser. Platt gefahrene und chemisch gereinigte Böden waren so tot und leer wie Hydrokultur.
„Huch“, sagten die superschlauen Wissenschaftler, Geschäftemacher und Berater, „das kriegen wir schon wieder hin.“
Natürlich arbeiten sie längst mit verfeinerter Technik. Oft kommt man aber auch zurück auf alte Weisheiten, die jahrhundertelang befolgt wurden, bevor Besserwisser alles viel, viel einfacher machten.
Manchmal setzte sich sogar die Erkenntnis durch, dass Eingriffe in natürliche Abläufe an vielen, oft weit entfernten Stellen Folgen haben, die bei verantwortlichem Handeln bedacht werden müssten. Oder dass nicht nur Spinner, sondern jeder, der an künftige Generationen denkt, natürliche Abläufe integrieren sollte, statt gegen die Natur zu arbeiten.
Dies alles sind freilich nur Überlegungen, die realitätsfremde Kolumnisten umtreiben. Wenn dagegen Herbert Heußler in Rhodt zwei Weinberge ausschließlich mit dem Pferd bearbeitet, so geschieht dies aus reinem Spaß an der Freud. Weil nämlich der Vater des jungen, sehr begabten Kellermeisters Christian Heußler ein Pferdenarr ist. Man wisse noch nicht genau, was es wirklich ausmache, meinen die beiden
Winzer. Komisch sei jedoch, dass die Trauben dieser Weinberge erkennbar lockerer hingen und kleinbeeriger ausfielen. Auch weniger Fäulnis habe man jüngst festgestellt. Natürlich werde man das Ganze
weiter beobachten, auch über den Spaß hinaus. Weit entfernt davon, den pfälzischen Weinbau auf Pferdewirtschaft umstellen zu wollen, meinen wir sogar beim Verkosten des ungewöhnlich fruchtig-feinen Rieslings besondere Qualitäten festzustellen.
„Natürlich“, hören wir vereinzelte Rufe, „bildet der sich das ein.“